Osterzeit – Time-Sharing-Zeit
Oder: Wie deutsche Urlauber Jahr für Jahr abgezockt werden

Jedes Jahr nach den Osterferien die gleichen Beschwerden. Man habe da etwas unterschrieben und eine Anzahlung von mehreren tausen Euro geleitstet. Man sei am Strand nett angesprochen worden - den ersten Preis habe man gewonnen und könne diesen im Hotel „Luftnummer“ abholen. Dort angekommen wollten die Anwesenden nichts mehr vom ersten Preis wissen. Es gebe etwas viel Besseres !

Und dann beginnt ein Verkaufsgespäch, dem sich der psychologisch Ungeschulte nicht entziehen kann. Nicht selten wird sogar mehr als psychologischer Druck ausgeübt. Es ist schon vorgekommen, dass ein Urlauber nach verweigerter Unterschrift aus dem Hinterland einer schönen spanischen Urlaubsinsel 10 km zurück zu seinem Hotel laufen musste.

Was ist Time-Sharing – ist es finanziell vorteilhaft?

Unter Time-Sharing versteht man ein Teilzeitwohnrecht. Man erkauft sich das Recht zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Wohnung zu nutzten. Time-Sharing birgt aber viele finanzielle Risiken und Nachteile. Die verlangten Preise pro gekaufter Woche sind oft zu hoch. Selbst wenn man im Verkaufsgespäch einen Nachlass um einige tausend Euro heraushandeln konnte, ist es oft immer noch viel zu teuer. Time-Sharing hält in den meisten Fällen keinem Vergleich mit einer normalen Pauschalreise stand. Nicht selten werden in der Summe Qadratmerterpreise von bis zu € 10.000,00 für Appartements mit einfacher Ausstattung verlangt. Vergleichbare Appartements kann man z.B. auf den Kanaren für € 900,00 – 1.500,00 pro qm kaufen.

Verschwiegen werden im Verkaufsgespräch die Folgekosten

Neben dem Kaufpreis von mehreren tausend Euro müssen die jährlich anfallenden Nebenkosten von 100 Euro bis 250 Euro pro Wohnung und Woche bezahlt werden. Hier zeigen sich dann die schwarzen Schafe. Während seriöse Anbieter nur die Nebenkosten umlegen, werden dort Nebenkosten verlangt, die dem normalen Mietpreis einer verlgeichnbaren Wohnung entsprechen. Das Haus wird ein zweites mal „verkauft“.

Ist Time-Sharing eine Geldanlagemöglichkeit ?

Klare Antwort: Nein. Die Risiken sind jedem professionellen Anleger viel zu hoch. Ein Einfluss auf die Verwalteung der Anlagen ist nicht möglich. Damit besteht auch kein Einfluss auf die laufenden Kosten und den Zustand der Anlage. Ein Wiederverkauf ist entweder überhaupt nicht oder nur unter erheblichen finanziellen Verlusten möglich. Auch hier wird mit hohen Vermittlungsgebühren ein weiteres Mal Kasse gemacht.

Time-Sharing - Eine sichere Sache?

In Time-Sharing-Verträgen tauchen neben dem Verkäufer eine große Anzahl weterer Firmen auf, deren Aufgaben und Beziehungen zueinander selbst für erfahrene Juristen schwer verständlich sind. Oft muss der Kaufpreis nicht an den Verkäufer, sondern an eine Firma und an eine Bank außerhalb der EU gezahlt werden – hier ist dann allergrößte Vorsicht geboten. In den Vertragstexten wird der Eindruck erweckt, man würde zeitanteiliger Eigentümer eines Appartements. Das ist falsch. Eigentümer einer Wohnung wird man in der Regel nicht. Vor allem trägt der Verbraucher das Risiko, dass die beteiligten Firmen in Insolvenz gehen. Da er in der Regel nicht Eigentümer des Appartements ist, besteht also ein Totalverlustrisiko.

Wie komme ich aus dem Vertrag wieder heraus?

In Europa gibt es hierzu weitgehend einheitliche Gesetze, die Verbrauchern die Möglichkeite geben aus den Verträgen herauszukommen. Diese nationalen Gesetze haben ihre Grundlage in einer Richtlinie der Europäischen Union.

Informationspflichten: Der Verkäufer muss den Verbraucher umfassend über sich, den Eigentümer der Anlage, das Appartement, usw., insbesondere über die laufenden Kosten informieren. Jedem Verbraucher ist ein Prospekt mit diesem Inhalt und der Vertrag (hier müssen die Angaben auch enthalten sein) in seiner Sprache auszuhändigen.

Anzahlungsverbot: Dem Verkäufer ist es ausdrücklich verboten, vor Ablauf der Widerrufsfrist eine (An-)Zahlung zu fordern oder entgegenzunehmen.

Widerrufsrecht: Time-Sharing-Verträge ab einer Laufzeit von mehr als drei Jahren können innerhalb zwei Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Hier wird dann oft mit folgendem Trick gearbeitet: Das Datum der Unterschrift wird wegelassen und nachträglich dann um ein paar Tage zurückdatiert wenn ein Widerruf eingentlich fristgerecht eingeht. Über das Widerrufsrecht muss der Kunde schriftlich und deutlich belehrt werden. Die Belehrung muss Angaben zum Fristbeginn und zur Adresse des Empfänger des Widerrufschreibens enthalten. Ohne Belehrung ist ein Widerruf unbegrenzt möglich. Auch mit dem Vertrag verbundenen Verträge, z.B. eine Finanzierung können widerrufen werden.

Tipps gegen die neuen „Piraten“
  • Lassen Sie sich nicht mit Gewinnversprechungen locken, Unterschreiben Sie nichts unter Zeitdruck

  • Lassen Sie sich nicht von hohen Rabatten beeinflussen – niemand hat etwas zu verschenken.

  • Leisten Sie keine Anzahlungen – schon gar nicht per Kreditkarte. Diese Zahlungen sind nach einem neueren Urteil des BGH nicht mehr stornierbar!

  • Wenn Sie dennoch unterschrieben haben, wenden Sie schnell an einen erfahrenen Rechtsanwalt oder an Ihre örtliche Verbraucherzentrale.

Die neuste und gefährlichste Masche zum Schluss

Seit Ostern 2006 kann man einen neuen, gefährlicheren Vertragstyp beobachten. Es wird nicht mehr ein Teilzeitwohnrecht an einem Appartement verkauft – obgleich die Werbung und die Prospekte das vermuten lassen – sondern das Recht in einer Art Reisebüro, einem Club eine Reise zu buchen. Für dieses vermeintliche Recht werden dann bis zu € 5.000,00 Mitgliedsbeitrag für 3 Jahre verlangt. Die Gegenleistung ist völlig unklar.

In jedes deutsche Reisebüro kommen Sie ohne „Entritt“. Bei diesen Verträgen gilt das Teilzeit-Wohnrechteverträge-Gesetz nicht. Hier kann man als Rechtsanwalt höchstens mit dem Haustürwiderrufsgesetz (auch hierzu gibt es in jedem EU-Land eine nationale Regelung) oder der Sittenwidrigkeit des Geschäfts helfen.

Jörg Ebenrecht Rechtsanwalt