Anlage-Check: Kritischer Blick auf Campus Gardens, Heidelberg-Bahnstadt
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Heidelberg, im Oktober 2013 – Die Heidelberger Bahnstadt ist in aller Munde. Die i Live Heidelberg GmbH und die S-Immobilien Heidelberg GmbH vermarkten dort mit erheblichem medialem Aufwand die als Campus Gardens bezeichneten geplanten Wohnblöcke. Kapitalanleger sollen hier durch Vermietung von Wohneigentum eine werthaltige und ertragreiche Anlage erwerben. In einer Sonderbeilage zur Rhein-Neckar-Zeitung am 18.09.2013 verwendete sich sogar der Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner für das Projekt Campus Gardens. Bei Campus Gardens handelt es sich um eine bis zu sechs Stockwerke hohe Wohnanlage, bei der etwas über 350 Ein- und Zwei-Zimmer-Appartments um einen Innenhof gebaut werden sollen. Die Appartments sollen möbliert, mit einer Küchenzeile ausgestattet und an Einzelpersonen vermietet werden. Besonderer Anziehungspunkt sollen dabei die Vollmöblierung der Appartments und großzügige Gemeinschaftsflächen sein – die Hochglanzbroschüre weist Billard- und Fitnessraum, eine Gemeinschaftsküche und Loungebereiche aus. Ein Mietpool soll dem Anleger die Sorge der Vermietung und des Leerstands abnehmen. I Live GmbH und Sparkasse kalkulieren für den Kaufinteressenten dabei in einer Beispielsrechnung eine Mietrendite zwischen 3,65 % und 5,24 %.
Das Preisgefüge
Uns liegt eine von i Live GmbH und S-Immobilien Heidelberg erstellte Beispielrechnung vor, anhand der die zu erwartende Mietrendite eines 21 qm großen Ein-Zimmer-Appartments dargestellt wird. Laut uns vorliegender Preisliste handelt es sich um das preisgünstigste Appartment des gesamten momentan in Planung befindlichen Gebäudeteils. Der Kaufpreis von € 87.880,00 (ohne Möblierung) bedeutet dennoch stolze € 4.167,00 je Quadratmeter. Der Preis einer identisch großen Wohnung im 5. OG beläuft sich sogar auf € 4.447,00 je Quadratmeter. Die Möblierungskosten für das „21qm-Schuhschächtelchen“ werden mit € 8.000,00 angegeben. In der Renditeberechnung gehen i Live GmbH und Sparkasse von einer Kreditaufnahme von € 50.000,00 aus.
Die Kalkulation
Sparkasse und i Live GmbH setzen in der Beispielsrechnung für das 21 qm große Appartment eine durchschnittlich aus dem Mietpool zu erzielende Kaltmiete von € 352,00, entspricht einer Quadratmetermiete von € 16,76 monatlich an. Da eine seriöse Kalkulation nicht von einer permanenten Vollvermietung aller 350 Appartments ausgehen kann, dürften i Live GmbH und Sparkasse tatsächlich noch von einer höheren Miete ausgegangen sein. Denn durch den Mietpool werden ja auch an die Eigentümer Mietzahlungen geleistet, deren Wohnungen nicht vermietet sind. Von welcher tatsächlich zu erzielenden Miete ausgegangen wird, und welche Abschläge wegen des Mietpools kalkuliert werden, bleibt in der Beispielsrechnung unklar.
An nicht umlagefähigen Nebenkosten werden € 42,00, mithin € 2,00 je qm monatlich kalkuliert. Hinsichtlich der € 50.000,00-Finanzierung geht die Beispielsrechnung von 2,1% Zinsen p.a., mithin von € 84,00 monatlicher Zinsen und einem Tilgungsbeitrag von € 189,00 monatlich (entspricht 4,75% Tilgung p.a.) aus. Aus diesen Kennzahlen soll sich als Ergebnis der Beispielsrechnung ein jährlicher Überschuss von € 465,00 und je nach Betrachtungsweise eine Mietrendite zwischen 3,65% und 5,24% ergeben.
Unsere Bewertung
Mieteinnahmen – Wir halten die Annahme von i Live GmbH und S-Immobilien Heidelberg einer aus dem Mietpool zu erwartenden Kaltmiete von € 16,76/qm für ausgesprochen ambitioniert, um nicht zu sagen überzogen. Denn der in diesem Jahr neu aufgelegte Mietspiegel der Stadt Heidelberg geht für 21 qm große Appartments neuesten Baujahrs von einer Miete von € 10,47/qm (Basismietpreistabelle) aus. Zuschläge auf die Basismiete gibt es je nach Stadtteil zwischen 44% (Neuenheim-Ost) und 0% (Emmertsgrund). Weitere Zu- oder Abschläge von der Basismiete können sich laut Mietspiegel der Stadt Heidelberg aufgrund der individuellen Ausstattung der Wohnung und/oder wegen sonstiger individueller Gegebenheiten ergeben.
Für den noch nicht fertig gestellten Stadtteil Bahnstadt, der zwischen den Stadtteilen Weststadt, Bergheim-West und Pfaffengrund liegen wird, gibt es noch keine Erhebungen im aktuellen Mietspiegel der Stadt Heidelberg. In ihrer Broschüre zeigen Sparkasse und i Live GmbH dem Stadtteil Bahnstadt eine rosige Zukunft auf. Über die Attraktivität der Bahnstadt wollen wir an dieser Stelle nicht spekulieren. Wir gehen allerdings davon aus, dass gut situierte Single-Haushalte, die i Live GmbH und Sparkasse Heidelberg als Zielgruppe vor Augen haben, die Stadtteile Handschuhsheim, Neuenheim und Weststadt der Bahnstadt jederzeit vorziehen würden. Im Sinne einer wohlwollend optimistischen Vergleichsrechnung wollen wir der Bahnstadt dennoch einen Aufschlag von 30% auf die Basismiete zugestehen, was dem Aufschlag für den attraktiven Nachbarstadtteil Weststadt entspricht.
Der Mietspiegel sieht in Tabelle 2 einen Zuschlag von 13% für eine Einbauküche vor. In die hier betrachtete Wohnung des Campus Gardens wird zwar nur eine winzige Küchenzeile eingebaut werden, wir wollen den 13%-Aufschlag jedoch auch hier wohlwollend zuerkennen; gleichermassen legen wir einen weiteren Aufschlag von 13% für die Vollmöblierung – der Mietspiegel erfasst möblierte Wohnungen nicht – zugrunde. Einen Abschlag von 5% gibt es allerdings – so auch im Mietspiegel der Stadt Heidelberg – wegen der hohen Anzahl der im Wohnblock Campus Gardens befindlichen Wohnungen. Insgesamt legen wir somit wegen der individuellen Merkmale einen weiteren Zuschlag von gerundet 20% auf die Basismiete zugrunde.
Unter Berücksichtigung des 30%igen Aufschlags für den Stadtteil Bahnstadt sowie unter Berücksichtigung des 20%igen Aufschlags für die individuellen Merkmale kann als realistisch zu kalkulierender Mietertrag somit 50% auf die Basismiete aufgeschlagen werden. Bei € 10,47 Quadratmetermiete aus der Basismietpreistabelle bedeutet ein 50%iger Aufschlag eine monatlich zu erwartende Kaltmiete von € 15,70 je qm.
Es muss noch berücksichtigt werden, dass der Anleger den Mietertrag seiner Wohnung laut Kalkulation von i Live GmbH und Sparkasse Heidelberg nicht selbst vereinnahmen darf, sondern dass ihm über den Mietpool eine Mietzahlung zugewiesen wird. Die Mietpool-Idee „sozialisiert“ nämlich das Risiko des Leerstands für den Einzelnen, indem die Mieteingänge aller Wohnungen zunächst in den Mietpool eingezahlt und dann nach einem Schlüssel auch an die Eigentümer leerstehender Wohnungen verteilt werden. Mit anderen Worten stellt der Mietpool für den Anleger nur dann eine rentable Sache dar, wenn seine Wohnung nicht vermietet ist; im Fall der Vermietung fließt dem Anleger demgegenüber nur dann der volle Mietertrag seiner Wohnung zu, wenn auch das gesamte Objekt zu 100% vermietet ist, und alle 350 Mieter ihre Miete tatsächlich bezahlen. Wegen der von Sparkasse und i Live GmbH behaupteten Attraktivität der Wohnungen wollen wir im Sinne einer wohlwollend optimistischen Kalkulation von einem durchschnittlichen Vermietungsstand von 85% ausgehen, sodass der Anleger von den realistisch zu erzielenden € 15,70/qm letzlich nur € 13,35 je qm und Monat als Ausschüttung aus dem Mietpool erwarten kann (€ 15,70/qm x 85% = € 13,35/qm).
Mit anderen Worten halten wir selbst bei wohlwollender Kalkulation nur einen nachhaltigen Mietertrag von € 13,35/qm aus dem Mietpool für realistisch, während S-Immobilien Heidelberg und i Live GmbH bei ihrer Kalkulation von € 16,76/qm eine um € 3,40 höhere qm-Miete annehmen.
Betriebskosten – Desgleichen halten wir es für sehr fraglich, ob die in der Beispielsrechnung angesetzten nicht umlagefähigen Nebenkosten von € 2,00 je qm und Monat eingehalten werden können. Denn neben den in einer Wohnanlage üblicherweise entstehenden Kosten für WEG-Verwaltung und Indstandhaltung des Gemeinschaftseigentums entstehen bei dem Konzept der i Live GmbH zusätzliche Kosten für die Mietpoolverwaltung sowie Kosten für die Vermietung, für die Verwaltung und für die Instandhaltung des Sondereigentums. Gerade vor dem Hintergrund der auf Kosten der Eigentümer Instand zu haltenden umfangreichen Gemeinschaftsflächen (Billard-, Fitnessraum, Gemeinschaftsküche, Loungebereiche) und der auf Kosten der Eigentümer Instand zu haltenden Möblierung der Wohnungen einschließlich Küchenzeile halten wir die Kostenkalkulation von Sparkasse und i Live GmbH für wenig nachvollziehbar. Wenn wir wohlwollend unterstellen, dass die mit € 8.000,00 für die Wohnung veranschlagte Möblierung erst nach 15 Jahren ausgetauscht werden muss, entfallen hierauf monatlich immer noch € 44,44 (8.000,00 / 15 Jahre / 12 Monate = € 44,44), so dass die von den Sparkasse und i Live GmbH angesetzten Nebenkosten bereits hierdurch aufgezehrt wären.
Fazit:
Die unseres Erachtens zu hohen Quadratmeterpreise von bis zu € 4.450,00 für die Wohnungen in Campus Gardens können seitens der i Live GmbH und des Sparkassenvertriebs letzlich nur deshalb als für den Anleger wirtschaftlich bezeichnet werden, weil die kalkulierten Mieteinnahmen unrealistisch hoch und die Betriebskosten niedrig gerechnet werden und die Finanzierungszinsen auf historischem Tief sind. Bei dem Konzept treten spezifische Risiken hinsichtlich der unbekannten künftigen Entwicklung des noch nicht fertig gestellten Stadtteils Bahnstadt und aus der speziellen Mieterzielgruppe resultierende Risken hinzu. Eine nachhaltig gute Qualität der Verwaltung, die ihren Preis haben wird, ist Voraussetzung, dass Gemeinschaftsflächen und Möblierung der Wohnungen von wechselnden Mietern nicht heruntergewirtschaftet werden und der Mietpool seriös verwaltet wird.
Schadensersatz- und Rückabwicklungsforderungen gegen i Live GmbH und Sparkassenvertrieb werden nicht ausbleiben, wenn sich deren ambitionierte Kalkulation nicht realisieren lässt.
Dass Oberbürgermeister Würzner sich für dieses Projekt verwendet, das unseres Erachtens weder eine renditeträchtige Anlagemöglichkeit darstellt, noch bezahlbaren Wohnraum für Studenten schafft, könnte auch im Rechtssinne bedenklich sein; Wir weisen in diesem Zusammenhang auf die Versuche von Anlegern hin, Prominente für deren werbenden Anlageempfehlungen in die Haftung zu nehmen.
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