Das berufsrechtliche Verfahren
(Bezirksberufsgericht der Ärzte, Tierärzte, Apotheker; Anwaltsgericht)
- Beispiele aus der Praxis-
Bei der Verletzung von Berufspflichten sind Freiberufler nicht nur möglichen zivilrechtlichen Ansprüchen oder gar Strafverfahren ausgesetzt. Vielmehr droht auch ein berufsrechtliches Verfahren. Der folgende Beitrag soll anhand zweier praktischer Beispiele aufzeigen, dass sich eine anwaltliche Beratung und Vertretung gerade in berufsrechtlichen Verfahren oftmals auszahlt.
In einem aktuellen Verfahren wurde einer Tierärztin vorgeworfen gegen § 4 Abs. 1 der Berufsordnung der Tierärzte verstoßen zu haben, indem sie eine halbseitige Anzeige in einem Amtsblatt schaltete. Die Landestierärztekammer Kammer Baden-Württemberg sah hierin eine marktschreierische, übermäßig anpreisende Werbung. Es folgt sodann eine Anklage vor dem Bezirksberufsgericht für Tierärzte. Für die Tierärztin stellte sich nunmehr die Frage, ob Sie tatsächlich gegen berufsrechtliche Vorschriften verstoßen hatte. Die Folgen einer Verletzung von Berufspflichten können durchaus weitreichend sein. Berufsrechtliche Maßnahmen gemäß § 58 Heilberufe-Kammergesetz sind:
- Warnung,
- Verweis,
- Geldbuße bis zu 50 000 Euro,
- Aberkennung der Mitgliedschaft in den Organen der Kammer und den Vertretungen und Ausschüssen der Untergliederungen,
- Aberkennung des Wahlrechts und der Wählbarkeit in die Organe der Kammer und in die Vertretungen und Ausschüsse der Untergliederungen bis zur Dauer von fünf Jahren.
Durch eine zielgerichtete Verteidigungsstrategie konnte in der mündlichen Verhandlung für die Tierärztin ein Freispruch erreicht werden. Die notwendigen Auslagen wurden der Tierärztekammer auferlegt.
Auch das weitere Beispiel aus einem anwaltsgerichtlichen Verfahren zeigt, wie sinnvoll eine anwaltliche Vertretung in einem berufsrechtlichen Verfahren sein kann.
Der Rechtsanwalt, als unabhängiges Organ der Rechtspflege, hat nicht nur zahlreiche Rechte, sondern ebenso zahlreiche Pflichten. Die Berufsordnung der Rechtsanwälte unterliegt einer stetigen Wandelung. Beispielsweise wurden berufsrechtliche Vorschriften zuletzt mehrfach geändert. Nicht selten kommt es vor, dass ein Rechtsanwalt gegen seine Berufspflichten verstößt, sei es durch Unkenntnis oder aus anderen Gründen. Bei einfachen, leichten Pflichtverletzungen kann es zunächst einmal zu einem Rügeverfahren kommen, welches durch den Kammervorstand eingeleitet wird. Eine Rüge kommt in Betracht, wenn die Schuld des Anwalts gering ist und ein Antrag auf Einleitung eines anwaltgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint. Werden dem Rechtsanwalt allerdings erhebliche Verstöße, wie beispielsweise Parteiverrat oder aber auch geringere Verstöße vorgeworfen, kommt eine Rüge ggf. nicht mehr in Betracht. In den meisten Fällen wird dann ein anwaltgerichtliches Verfahren eingeleitet. Die Anwaltsgerichte haben die Möglichkeit anwaltsgerichtliche Maßnahmen gemäß § 114 Abs. 1 BRAGO zu verhängen. Dies sind:
- die Warnung,
- der Verweis, der bereits eine erhebliche Disziplinarstrafe darstellt (der Anwalt, gegen den ein Verweis verhängt wurde, kann fünf Jahre lang nicht zum Mitglied des Kammervorstandes gewählt und nicht zum Mitglied des Anwaltsgerichts, des Anwaltsgerichtshof oder zum Beisitzer des Senats für Anwaltssachen beim BGH berufen werden)
- die Geldbuße bis € 25.000,00
- das Verbot, auf einem bestimmten Rechtsgebiet als Vertreter und Beistand für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren tätig zu werden
- die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft
Einem anwaltsgerichtlichen Verfahren steht auch eine zuvor erfolgte strafrechtliche Ahndung eines Sachverhaltes nicht entgegen. Das Anwaltsgericht ist grundsätzlich an die Feststellungen des Strafgerichtes gebunden. Allerdings gibt es hiervon auch Ausnahmen.
Zum Fall:
Ein Rechtsanwalt wurde vom Strafgericht wegen versuchten Prozessbetruges und Parteiverrat von einem Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil wurde durch Berufungsrücknahme durch die Staatsanwaltschaft und des Angeklagten rechtskräftig. Im Anschluss war die Angelegenheit für den Rechtsanwalt jedoch nicht erledigt. Er musste sich noch dem Anwaltsgericht in einem berufsrechtlichen Verfahren stellen. Im sich anschließenden Verfahren vor dem Anwaltsgericht konnte eine milde Strafe erreicht (es drohte der Verlust der Zulassung oder ein zeitlich befristetes Tätigkeitsverbot) werden. Es folgte die Verurteilung zu einem Verweis mit Geldbuße. Im Berufungsverfahren vor dem Anwaltsgerichtshof, welches ebenfalls von uns geführt wurde, konnte die Geldbuße deutlich reduziert werden.
Auch dieses Beispiel zeigt, wie sich durch eine anwaltliche Vertretung oftmals ein vorteilhaftes Ergebnis erzielen lässt.
Gerne stehen Ihnen die Rechtsanwälte unserer Kanzlei bei Fragen zur Verfügung. Sie erreichen uns oben unter "Kontakt zu uns".
Heidelberg, den 29.06.2018 |